Weltumspannende UN-Simulation

Studierende der Uni Trier vertreten Malta in New York

A thumbnail image

Eine Delegation von Studierenden der Universität Trier reist Anfang April nach New York, um das UN-Mitglied Malta in einer weltumspannenden Simulation zu vertreten. Das von der Organisation National Model United Nations (NMUN) veranstaltete Planspiel könnte kaum realitätsnäher und aufwändiger sein.

Eigentlich wollen die nur spielen. Die, das sind Studierende an der Universität Trier, die sich im Wintersemester 2022/23 zusammengefunden haben, um UNO zu spielen. Dass damit nicht das Kartenspiel mit den bunten Bildern gemeint ist, wird spätestens klar, wenn man erfährt, dass die Teilnehmenden einen zweistufigen Bewerbungsprozess durchlaufen mussten, um sich zu qualifizieren. Bei dem Spiel handelt es sich vielmehr um die älteste und weltweit größte studentische Simulation der Struktur, Abläufe und Entscheidungsprozesse der Vereinten Nationen (UN, UNO). Zum Finale kommen jedes Jahr Tausende von Teilnehmern in New York zusammen, um mit ihren Teams jeweils ein ihnen zugewiesenes Land zu vertreten. Die Delegation von "Trier Model United Nations" (TriMUN), soviel steht seit wenigen Wochen fest, wird in New York als "Malta" auftreten.

TriMUN-Delegationen haben in der Vergangenheit schon größere UN-Mitglieder vertreten als das mit rund 500.000 Einwohnern kleinste Land der EU, im Jahr 2019 zum Beispiel die USA. Dennoch könnte das Team aus Trier mit "Malta" auf der Stimmkarte bei den anderen Teilnehmern der Simulation in New York zu einem gefragten Verhandlungspartner avancieren. Denn Malta ist für die beiden Jahre 2023 und 2024 als nichtständiges Mitglied in den UN-Sicherheitsrat gewählt worden, das mächtigste Entscheidungsgremium der Weltorganisation. Im Februar hatte das Land sogar den Vorsitz. Und bei den Abstimmungen in der Generalversammlung wiederum spielt die Größe eines Landes ohnehin keine Rolle. Jedes Land hat eine Stimme.

Das Hauptquartier der Vereinten Nationen am East River. Hier findet im Plenarsaal der Vollversammlung die Abschlussveranstaltung der New Yorker NMUN-Konferenz statt. Bild von Filip Filipović auf Pixabay.

Das Hauptquartier der Vereinten Nationen am East River. Hier findet im Plenarsaal
der Vollversammlung die Abschlussveranstaltung der New Yorker NMUN-Konferenz
statt. Bild von Filip Filipović auf Pixabay.

Valletta | Das Journal war natürlich neugierig darauf, in Erfahrung zu bringen, wie sich die diesjährige TriMUN-Delegation auf die Repräsentanz Maltas und die große Uno-Modellierung in New York vorbereitet hat. Dies vorweg: Der Einsatz an Zeit, Fleiß und Intellekt ist respektheischend. Bereits Mitte Februar stand ein Besuch bei der maltesischen Botschaft in Berlin auf dem Programm, bei dem der stellvertretende Missionsleiter Mark Abela mit der TriMUN-Delegation unter anderem über die Prioritäten Maltas als nicht ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats sprach. Durch einen Facebook-Post der Botschaft wurde dieses Journal überhaupt erst auf das Projekt aufmerksam.

Weiterführende Informationen:

Sie möchten selbst einmal UN spielen
Studierenden, die selbst einmal an einer Simulation der Vereinten Nationen teilnehmen möchten, empfehlen wir, sich bei ihrer Hochschule nach einem entsprechenden Model-UN-Projekt zu erkundigen. Allein unter den "Committee Assigments" für die beiden New Yorker NMUN-Konferenzen im April 2023 haben wir rund 30 deutsche Hochschulen und akademische Einrichtungen entdeckt.

TriMUN zum Beispiel ist an der Universität Trier angesiedelt. Für die Teilnahme bewerben können sich Studierende an den beiden Trierer Hochschulen und weiterer Universitäten der Region Saar-Lor-Lux. Das Projekt ist interdisziplinär. Fachbereich oder Studiengang spielen keine Rolle.

Zur Seite von TriMUN auf der Website der Universität Trier

NMUN: Die größte und älteste UN-Simulation
Ihre geschichtlichen Wurzeln reichen zurück bis zu einer Simulation des Völkerbundes, der Vorläufer-Organisation der UN, an der Syracuse University im Jahr 1927: Heute ist National Model United Nations (NMUN) die älteste und größte Simulation der Vereinten Nationen.

Zur Website von NMUN

Doch die Vorbereitung auf das große Planspiel in New York begann längst, bevor das zu vertretende Land zugeteilt wurde. Schon während des Semesters wartete auf die Studierenden ein Vorbereitungsseminar, erfuhren wir von Emily Folz, die im Vorjahr Mitglied der TriMUN-Delegation in New York war und jetzt zu den Tutoren gehört, die das Seminar organisierten. Regelmäßig zum Ende der Studienwoche, wenn für viele andere Studierende bereits das Wochenende begonnen hat, übte sich das TriMUN-Team in Softskills wie freie Rede, auf Englisch zu argumentieren und zu verhandeln und arbeitete sich in den Aufbau und die Arbeitsweise der Vereinten Nationen ein.

Die Veranstaltung in New York Anfang April ist für die TriMUN-Delegation nur der Höhepunkt einer Serie von Konferenzen. Zuvor standen schon Tagungen in Blankenheim (BlankMUN) und Erfurt (ErfMUN) auf dem Programm und im Februar die große nationale Konferenz GerMUN in Berlin. Auch bei diesen Konferenzen werden die Vereinten Nationen "nachgespielt", mit dem Unterschied, dass eine Delegation nicht zusammen ein Land vertritt, sondern jeder Delegierte für sich einen ihm zugewiesenen Staat.

Malta und die Vereinten Nationen

1964: Am 1. Dezember, wenige Wochen nach Erlangung der Unabhängigkeit, wird Malta Mitglied der Vereinten Nationen.

1967: Eine Initiative Maltas war maßgeblich am Zustandekommen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen, Convention on the Law of the Sea (UNCLOS), beteiligt, das 15 Jahre später (1982) beschlossen wurde.

1983: Malta wurde zum ersten Mal (für zwei Jahre) als nichtständiges Mitglied in den UN-Sicherheitsrat gewählt.

1990: Der maltesische Außenminister und spätere Staatspräsident Guido de Marco wurde im September 1990 zum Präsidenten der UN-Vollversammlung für die 45. Sitzungsperiode (1990-1991) gewählt.

2023: Malta wird nichtständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates für die Jahre 2023 und 2024, zum zweiten Mal nach 1983. Im Monat Februar 2023 hatte Malta den Vorsitz des Sicherheitsrates inne.

Malta ist Hauptsitz des International Institute on Ageing (INIA), eine Einrichtung unter dem Dach der Vereinten Nationen, die sich mit sozialer Gerontologie befasst (Adresse: 117, St. Paul Street, Valletta).

Malta ist außerdem Hauptsitz des International Ocean Institute (IOI). Das Institut mit beratendem Status bei den UN wurde 1972 von Elisabeth Mann Borgese (1918-2002), der jüngsten Tochter von Thomas Mann, gegründet (Adresse: University of Malta, Tal-Qroqq, Msida).

Am Rande der GerMUN-Konferenz in Berlin fand nicht nur der erwähnte Besuch in der maltesischen Botschaft statt. Die Delegation nahm auch die Gelegenheit wahr für einen Besuch im Auswärtigen Amt, bei dem es auch um Malta ging. Und kürzlich konnten die TriMUN-Leute zumindest virtuell auch schon die Ständige Vertreterin Maltas bei den Vereinten Nationen, Vanessa Frazier, kennenlernen. Bei einer via UN-TV übertragenen Veranstaltung, für die sie ihr auch vorher eingereichte Fragen stellen konnten. Die maltesische Diplomatin hatte im Februar den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat.

In den vergangenen Wochen ging es der Delegation darum, sich möglichst viel Wissen zu Malta anzueignen: Geschichte, Geografie, Staatsaufbau und natürlich zur Rolle und den Positionen Maltas in den Vereinten Nationen und ihren Organen. Besonders anspruchsvoll dürfte die Aufgabe an die Delegationsmitglieder gewesen sein, vorab für die ihnen zugewiesenen Organe, Ausschüsse und Sonderorganisationen der Vereinten Nationen bei NMUN Positionspapiere einzureichen. Sie wurden bereits auf der Landingpage der Konferenz eingestellt. So setzt sich (Modell-)Malta in der Simulation des Sicherheitsrats für die Prävention und die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung sowie für die Beendigung der Spirale sexueller Gewalt in Konflikten ein. Insgesamt wurden TriMUN alias Malta sieben Ausschüsse, Organe, Organisationen oder Sonderorganisationen der Vereinten Nationen zugewiesen.

Zum intellektuellen Aufwand kommt der logistische und der finanzielle. TriMUN muss seine Reisen selbst organisieren, die Teilnehmer müssen zunächst für die Kosten der Reise und Einschreibegebühren für die Konferenzen aufkommen. Wieviel sie davon zurückerstattet bekommen, hängt davon ab, wie erfolgreich TriMUN mit dem Einwerben von Sponsorengeldern war.

Beim großen Planspiel in New York wird es vor allem auf das diplomatische Verhandlungsgeschick der TriMUN-Delegation ankommen. Aufgabe wird sein, für die Anliegen "Maltas" bei den Delegationen der anderen Universitäten und Colleges, die jeweils andere Länder vertreten, Verbündete zu finden. Auf der TriMUN-Website heißt es dazu: "Im besten Fall schafft man es, die eigene Gruppe samt eigenen Ideen so lange mit anderen Gruppen zu vereinen, bis am Ende nur noch eine große Gruppe übrig bleibt. Dieser Prozess ist deshalb wichtig, da bei den Vereinten Nationen immer möglichst Einstimmigkeit oder zumindest eine möglichst große Zustimmung zu einem Vorhaben angestrebt wird".

Außer mit dieser spannenden Herausforderung kann TriMUN auch noch mit einem weiteren Incentive aufwarten. Die Simulationen böten auch sehr gute Gelegenheiten, Studenten ... aus der ganzen Welt kennenzulernen und langjährige Freundschaften zu schließen, wie es auf der Website heißt.

TriMUN ist an der Universität Trier (Foto) angesiedelt. Für die Teilnahme bewerben können sich Studierende an den beiden Trierer Hochschulen und weiterer Universitäten der Region Saar-Lor-Lux. Foto: © Universität Trier.

TriMUN ist an der Universität Trier (Foto) angesiedelt. Für die Teilnahme
bewerben können sich Studierende an den beiden Trierer Hochschulen
und weiterer Universitäten der Region Saar-Lor-Lux. Foto: © Universität Trier.