Eine Verbeugung vor der Apothekerkunst

Maltas älteste Apotheke: Aufwändig restauriert und heute ein Museumsstück

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Nachtrag: Mit großem Bedauern haben wir erfahren, dass Michael Bonnici, dem die Restaurierung und Erhaltung der Old Pharmacy zu verdanken ist, am 29. Mai 2019 im Alter von 74 Jahren verstorben ist.

Rabat, die Vorstadt der alten befestigten Hauptstadt Mdina, ist vor allem wegen seiner Katakomben und des Domus Romana einen Besuch wert. Wenn Sie durch die Straßen und Gassen von Rabat schlendern, kann es Ihnen passieren, dass Sie unvermittelt vor dem Santo Spirito stehen, dem ältesten (dokumentierten) Krankenhaus Maltas. Doch wo früher Patienten behandelt wurden, wird heute das kollektive Gedächtnis Maltas bewahrt. Denn das Santo Spirito ist der Hauptsitz der Nationalarchive Maltas. Ebenfalls zum Krankenhaus aus dem 14. Jahrhundert gehört die Old Pharmacy. In der im 16. Jahrhundert gegründeten ältesten noch erhaltenen Apotheke Maltas werden zwar keine Arzneimittel mehr abgegeben. Sie wurde aber durch privaten Einsatz und viel Herzblut restauriert und mit (gar nicht so alten) Exponaten aus dem vergangenen Jahrhundert ausgestattet.

Foto: © German-Maltese Medical Society

Foto: © German-Maltese Medical Society

Die Restaurierung der Old Pharmacy ist Michael Bonnici zu verdanken, einem Pharmacy Technician (vergleichbar etwa unserem Pharmazeutisch-Technischen-Assistenten) und ehemaligem Abgeordneten des maltesischen Parlaments. Die Ausstellungsstücke stammen aus der Apotheke seines Vaters Dante Bonnici, der 2006 im Alter von 100 Jahren starb. Von ihm lernte der Sohn die Herstellung von Rezepturen. Michael Bonnici versteht die restaurierte Old Pharmacy denn auch als eine Reminiszenz an einen Apothekerberuf, der noch bis weit in das vergangene Jahrhundert hinein von der Selbstherstellung von Arzneimitteln auf ärztliche Verschreibung – den Rezepturen – und weniger von der Abgabe von Fertigarzneimitteln geprägt war. Michael Bonnici hat auch die Informationen über die Apotheke und das historische Krankenhaus zusammengetragen und aufgeschrieben. Seinen Text geben wir nachstehend übersetzt und zusammengefasst wieder. Für die Fotos bedanken wir uns bei der Deutsch-Maltesischen Medizinischen Gesellschaft / German-Maltese Medical Society.

Foto: © German-Maltese Medical Society

Foto: © German-Maltese Medical Society

Foto: © German-Maltese Medical Society

Foto: © German-Maltese Medical Society

Mitte des 14. Jahrhunderts war der Ort des Santo-Spirito-Hospitals ein Anbau zu einer Priorei und einer Kapelle, die von den Gläubigen in der Nachbarschaft zum Beten oder für Gottesdienste genutzt wurde. Später wurde hier ein kleines Krankenhaus mit Namen St. Franziskus eingerichtet für die Bevölkerung von Malta, die im Jahre 1347 etwa 10.000 zählte. Es finanzierte sich aus Einkommen durch den Besitz von Immobilien. Im Jahr 1433 übernahm die Universitá in Mdina, die von Adeligen gestellte Selbstverwaltung Maltas, die Aufsicht über das Krankenhaus. Außer Patienten fanden auch Waisen und sogar unerwünschte Neugeborene dort Aufnahme. Mit der Ankunft des Johanniterordens auf Malta wurde das Krankenhaus in Santo Spirito umbenannt und der Standard an den der anderen Hospitäler angepasst, die der Orden in Europa unterhielt. So gab im Jahre 1574 der apostolische Nuntius Monsignore Pietro Duzina strikte Anweisungen für die bessere Verwaltung des Krankenhauses, insbesondere unter dem Aspekt der Hygiene. Im Jahre 1624 gab der französische Großmeister Antoine de Paule (1623-1636) ein Dekret heraus, in dem er spezifische Regularien einführte, ähnlich denen, die in anderen Krankenhäusern des Ordens belegt sind. Noch bis 1961-63 wurde das Krankenhaus genutzt. Erst 1989 nahm es das Nationalarchiv Maltas auf.

Foto: © German-Maltese Medical Society

Foto: © German-Maltese Medical Society

Spätestens 1580 hatte das Santo Spirito seinen eigenen Apotheker, „Speziale“ oder „Aromatorio“ genannt, der seine Apotheke im Krankenhaus betrieb. Der maltesische Aromatorio Geronimo Callus war wahrscheinlich im Santo Spirito von 1518 und 1520 angestellt. Ein anderer Apotheker in den Diensten des Krankenhauses war Antoni Zammit. Der erste bekannte Krankenhausapotheker mit Residenz im Hospital war Antoni Bisci, der bis zu seinem Tod 1580 die Apotheke betrieb.

Michael Bonnici möchte in der Old Pharmacy vor allem einen Apothekerberuf dokumentieren, dessen Alltag noch wesentlich von den Rezepturen, der eigenen Herstellung von Arzneimitteln, geprägt wurde. Die Exponate stammen vorwiegend aus der Apotheke seines Vaters, Dante Bonnici. Deshalb kann die Apotheke aus diesen Beständen nicht nur Geräte und Instrumente zur Fertigung von Rezepturen zeigen, sondern auch Register mit den ärztlichen Verschreibungen, die bis zum Jahre 1929 zurückgehen und selbstgefertigte Formulierungen wie Mixturen, Tabletten, Salben, Einreibungen und Tropfen.

Leben und Tod lagen nahe beieinander im Santo Spirito. Eine Babyklappe von Anfang des 17. Jahrhunderts, hier konnten unerwünschte Babys anonym in die Obhut des Krankenhauses gegeben werden. Foto: © German-Maltese Medical Society

Leben und Tod lagen nahe beieinander im Santo Spirito. Eine Babyklappe von Anfang des 17. Jahrhunderts, hier konnten unerwünschte Babys anonym in die Obhut des Krankenhauses gegeben werden. Foto: © German-Maltese Medical Society

Das Leichenhaus im Garten des Hospitals. Foto: © German-Maltese Medical Society

Das Leichenhaus im Garten des Hospitals. Foto: © German-Maltese Medical Society

Kann man das Santo Spirito besichtigen?

Auf jeden Fall von außen (Adresse: Hospital Street, Rabat/Malta). Man sieht auch die historische Babyklappe. Das Nationalarchiv (Malta National Archives) im Innern ist für das Publikum zu bestimmten Zeiten geöffnet. Dabei hat man natürlich vorwiegend an dokumentarisch Interessierte gedacht. Durch große Glasscheiben lässt sich im Innern auch ein Blick auf die Old Pharmacy werfen.

Website des Archivs